Schinderhannestour1 - Hunsrück Heimat

Schinderhannes Tour 1

- Simmern: Flucht aus Schinderhannesturm

- Schanzer Kopf/Thiergarten: Gaststätte nähe Forsthaus, Mord Seligmann mit Schwarzem Peter

- Spall: Überfall auf die Ziegelhütte

- Schinderhanneshöhle bei Pferdsfeld/Seesbach: Versteck von Diebesgut?

- Trifthütte: Räubertreffpunkt

- Koppenstein: Straßenraub bei Schwarzerden, Bauern ausgeraubt, Beute bei der Koppenstein aufgeteilt

- Hochstätten-Dhaun: Schweine und Pferdediebstähle in der Gegend von Schloss Dhaun

„Und des hier ist euer Schloss?“, fragte jetzt Ferdi mit einem Grinsen im Gesicht. „Da würden’s in Wien grad mal die Pfrederl drin füttern.“ „Simmern ist halt nicht Wien“, gab Doro zurück.

„Das hier ist unser Stephansdom“, scherzte Doro, „In einem Seitenschiff sind die Grabdenkmäler der Simmerner Herzöge. Außerdem gibt es hier auch eine Stummorgel.“

„Der Schinderhannes war im Keller eingesperrt, der nur durch ein Loch in der Decke mit den oberen Räumen verbunden war. Er war ja ein cleveres Kerlchen und hat sich gut geführt."

„Er war über ein halbes Jahr dort eingesperrt und konnte in aller Ruhe Ausbruchspläne schmieden. Jedenfalls hat er die Tage dazu genutzt, im oberen Raum, an der Turmrückseite, ein Gitter locker zu machen."

. Nachts hat er ein aus Stroh gewundenes Seil hoch geworfen und sich von seinem Mitgefangenen hochziehen lassen. Dann hat er das Gitter gelöst und ist aus dem Fenster gesprungen. Dabei hat er sich am Bein verletzt."

Angeblich war es gebrochen, aber mit einem gebrochenen Bein hätte er sicherlich seine Flucht nicht bewerkstelligen können."

Vielleicht war er nur umgeknickt und hatte eine Verstauchung. Das war im August 1799“, endete Rainer.

Im Schinderhannesturm betraten sie die Ausstellung über den Räuber und seine Bande

Neben Pistole, Pulversack und Hut,

lag auch das Fallbeil in einem Schaukasten, das Johannes Bückler einen Kopf kürzer gemacht hatte.

Sie sahen sich die Filmplakate mit Curt Jürgens und Maria Schell ...

und die „Fahndungsbilder“ der Räuber an, von denen neunzehn mit dem Schinderhannes am 21. November 1803 mit der Guillotine vor rund 30.000 Schaulustigen in Mainz hingerichtet wurden.

Bückler blickte fast melancholisch links aus dem Bild heraus in eine düstere Zukunft. Das wohl bekannteste Portrait des Räubers wurde 1803 nach seiner Verhaftung angefertigt, da wusste er wohl schon, was ihn erwartete.

„Mach mal langsam, das hier müsste es sein: Thiergarten“, meinte Doro. Rainer bog rechts ab und stellte den Wagen unterhalb des Hauses auf einem kleinen Parkplatz ab.

Sie erkannten rechts vor dem Haus ein Schild mit der Aufschrift Waldlehrpfad - Soon - Schinderhannesweg.

An der Hauswand, die an den unteren zwei Metern mit Holz und darüber mit Dachpappe in Schindelform verkleidet war, hingen neben Hirschgeweihen etliche Wurzelschnitzereien.

Mal Gesichter, die wie Waldgeister anmuteten, mal seltsame Holzgebilde und Äste.

„Ist das Haus drüben das Gasthaus, wo der Schinderhannes mit dem Schwarzen Peter gezecht und dann den Viehhändler Seligmann erschlagen hat?“, fragte Rainer unumwunden. „Ei allemohl. Dat war damals eine Schankstube."

Der Soonwald lag direkt vor ihnen. Ein Meer von herbstlich braun, rot und gelb gefärbten Laubbäumen, durchzogen von dunkelgrünen Fichten, Kiefern und Tannen tat sich ihnen auf, in das sie nun hineintauchten.

Ihre Fahrt ging weiter durch das Naturschutzgebiet ‚Glashütter Wiesen’, vorbei an der Abzweigung zum Walderlebniszentrum am Forstamt Soonwald

und durch den Ort Gräfenbacher Hütte, wo dereinst das in der Gegend abgebaute Eisenerz verhüttet wurde.

Rainer musste sehr langsam fahren wegen der engen und kurvigen Strecke und so konnten sie an dem Tor eines alten Fabrikgebäudes die Jahreszahl 1839 erkennen.

Sie stiegen aus und staunten. Das Haus war an der Giebelseite rot angestrichen und mit Gemälden verziert. Die Längsseite war weiß und ebenfalls bemalt.

Vor dem Haus stand ein großes Schild, blau mit einem weißen Andreaskreuz und der Aufschrift Tartan Museum & Scottish Pub – Mole & Wolfrhine, Atelier & Galerie.

Von etlichen Mauern schauten Gargoyles auf die Besucher herunter.

Wolfrhine ist Halbschotte und ihn hat es auch in den Hunsrück verschlagen. Er ist so eine Art Gesamtkunstwerk. Er macht Musik, veranstaltet schottische Events, malt, hat das Tartanmuseum und den Pub hier und macht das Schottenradio im Internet."

Als sie nach Entenpfuhl kamen, hielt Rainer links auf einem Parkplatz an.

„Ein Jäger aus Kurpfalz, ein Jäger aus Kurpfalz, der reitet durch den Blattsalat und bricht dabei den Hals, ein Jäger aus Kurpfalz …“, trällerte Doro, während sie ausstiegen.

Sie betraten eine große Lichtung mit einer Wiese, die sie am linken Rand hinunter gingen. Der leichte Wind brachte die Blätter zum Rascheln und immer wieder fielen einige von den Bäumen hinunter. Es roch nach Pilzen und Waldboden.

Der Weg führte sie an einer Reihe Fichten vorbei und dann links immer weiter dem Tal entgegen, aus dem eine frische Kühle heraufkroch.

Sie sahen am Ende des Weges einen hohen Felsen, der mit seinem Grau aus dem Gelb-braun der Blätter hervorstach. Dann sahen sie das schwarze Loch unten am Felsen – die Höhle.

„Bitteschön, das ist die Schinderhannes-Höhle“, präsentierte Doro den Anblick. „Und da soll aner neigekrabbelt sein, um seine Beute zu verstecken?“, fragte Ferdi ungläubig.

Die Höhle war vielleicht gerade einen Meter hoch und weniger als einen Meter breit. Man konnte sie nur über den Bach oder auf der anderen Seite über das feuchte Ufer erreichen.

Sie befand sich auf der anderen Seite eines Baches, der sich durch das wilde Tal schlängelte. Eine Brücke führte rechts über den Bach und davor stand, gegenüber der Höhle, ein Tisch mit zwei Bänken.

Sie gingen über den Waldweg und nach ungefähr 15 Minuten erreichten sie eine Rechtskurve, in der ein weiteres Schild aufgestellt war, das die frühere Burg zeigte. Eine imposante Anlage, von der nur noch Fundamente übrig geblieben waren,

bis auf den Turm, der nun vor ihnen zwischen den Bäumen emporragte. Etwas weiter oberhalb am Weg befand sich zur Rechten eine Schutzhütte mit Tischen und Bänken, auf denen es sich eine Wandergruppe von rund zehn Männern mittleren Alters bequem gemacht hat

Als sie oben auf der Aussichtsplattform standen, tat sich ihnen ein wirklich toller Ausblick auf. Ringsum konnte man bis weit in den Hunsrück schauen.

Direkt unter ihnen sahen sie einen Bergrücken, an dessen Ende ein großer Stein mit seiner Spitze nach unten scheinbar äußerst wackelig auf dem Berggrat stand.

Wenig später erreichten sie eine gerade Strecke, von wo aus sie die Gebäude des Dhauner Schlosses schon sehen konnten. Über einem hohen bewaldeten Abhang schmiegten sich Bruchsteinmauern und kleine Häuser auf den Bergkamm.

Vor ihnen befand sich eine gewaltige cirka 20 Meter hohe Wehrmauer mit zwei großen Türmen. Links von der Mauer stand ein weiterer kleinerer Turm mit einem hohen Torbogen.

Teile der Gebäude waren aus Bruchstein, andere wieder schön verputzt und im Barockstil gebaut. Sie gingen durch einen Tordurchbruch, in dem eine Wandtafel verriet, dass das Schloss heute als Weiterbildungs- und Tagungsstätte genutzt wird.

Am älteren Teil des Schlosses führte eine Treppe hoch zu einem Wehrgang. Rechts davon waren Turmreste zu sehen, deren Mauern teilweise von armdicken Wurzeln und Efeu bewachsen waren.

Direkt gegenüber sahen sie den „Gasthof zur Burg“ mit dem Burghotel. „Tja“, meinte Rainer und schaute ziemlich auffällig rüber zu dem Restaurant, während er sich den Bauch rieb.